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Unter bayerischer Herrschaft

Der erste Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 beendete den Krieg. Eine bayrisch- österreichische Administration übernahm die Verwaltung unserer Heimat. Auf dem Wiener Kongreß wurde eine Neuordnung Europas vorgenommen. Das linksreihnische Gebiet von Pfalz und Zweibrücken wird nun bayerische Rheinprovinz, Rheinkreis genannt, ab 1838 in Rheinpfalz umgewandelt.

Aus der französischen Herrschaft bleiben französisches Recht mit dem Code civil, die öffentliche Rechtspflege, die Gewerbefreiheit sowie das Landcommissariat erhalten, das auch zuständig war für gesamte kirchliche Bau- und Finanzwesen.

Aus der französischen Herrschaft blieben viele liberale Einflüsse erhalten. Die Erstkommunion durfte erst nach dem vollendeten 13. Lebensjahr und am Ende der 7. Schulklasse stattfinden. Nicht wenige Eltern versuchten auch in Kirrberg aus sozialen Gründen schon vor dem vollendeten 13. Lebensjahr der Schulpflicht für ihre Kinder zu entgehen, um sie in die härtere Fron der Arbeit einspannen zu können.

1817 wurde das Schulwesen neu geordnet. Mädchen oblagen vom 6. - 12. Lebensjahr, Buben vom 6. - 13. Lebensjahr der Schulpflicht, und bis zum 18. Lebensjahr mußten sie die Sonntagsschule besuchen, mit der ab 1814 die Christenlehre verbunden war. Es durfte auch kein Privat - Präparand mehr als Schullehrer angestellt werden, sondern nur nach intensiver Ausbildung.

Die bayerische Herrschaft begann mit dem Hungerjahr 1816. Der Winter dauerte bis in den späten April. Der April und Mai brachten schwere Unwetter mit ständigen Überschwemmungen und die Sommergewitter verheerten mit Hagel die spärliche Saaten. Am 23. Sept. setzte schon wieder Frost ein. Eine Katastrophe folgte der anderen. schon am 12. Oktober bedeckte hoher Schnee die Felder, auf denen immer noch Getreide auf dem Halm stand und nicht mehr geerntet werden. Auch die Kartoffeln und Rüben hatten sich nur spärlich entwickelt, und sie sollten doch die Hauptnahrung für Mensch und Vieh über Winter stellen.

Die Abschnürung unserer Heimat, bisher wirtschaftlich abhängig von Frankreich, führte schnell zur wirtschaftlichen Kriese. Rings um den Rheinkreis (später Rheinpfalz) wurden Zollgrenzen gezogen. das wirtschaftliche Leben kam zum Erliegen, während Steuergelder zur Verschönerung der Resistenzstadt München erhöht und abgeführt wurden. Die Bevölkerung verarmte immer mehr. Es kam zu einer ersten Auswanderungswelle, vorab nach Nordamerika. Der Großteil der Bevölkerung, so fast alle hier in Kirrberg, waren kleine Landwirte oder Tagelöhner. 1820 und 1840 herrschten große Typhusepidemien. die schlechte Beschaffenheit des Trinkwassers verschiedener Quellen und Brunnen war mit Ursache für das Ausbreiten dieser Krankheit, der viele Menschen, jung und alt zum Opfer fielen.

Der pfälzische Heimatforscher, Pfr. Frey von Jockgrim-Rheinzabern beschreibt 1837: Kirrberg hat 548 katholische und 39 protestantische Einwohner, insgesamt 587 Einwohner.

1830 verschärften reaktionäre Politiker des bayrischen Königs Ludwig I. die Zensur des Pressewesens. Der Landkommissär Dr. Siebenpfeiffer von Homburg verfocht in den beiden Blättern "Rheinbayern" und Westbote" liberale Gedanken. Wegen extremer politischer Aktivitäten wurde er seines Amtes enthoben. Mit dem Journalisten Wirth zusammen forderte er 1831 Presse- und Redefreiheit. "Die Eintragung der freien Völker als wahre Bedürfnis Europas als Aufgabe des neuen Jahrhunderts" wurde gefordert. Die Aufgeladene Atmosphäre machte sich am 27. Mai 1832 auf dem Hambacher Fest Luft. Über 20.000 Menschen kamen zusammen und zogen unter Glockengeläute, Böllerschüssen und Musikkapellen mit schwarz-rot-goldenen Fahnen und Schärpen und Liedern wie "Herauf Patrioten" zum Hambacher Schloß.

In dieser Zeit starker wirtschaftlicher Depression, ausgelöst durch Mißernten, Hungersnot, Steuern, politische Bevormundung , kommt es im März 1848 wiederum zum Aufbegehren gegen die bayerische Verwaltung und Herrschaft. Mit der Parole "Alle Gewalt geht vom Volk aus" wollte man dem "Königtum von Gottes Gnade" ein Ende setzen. Erster Erfolg dieser freiheitlichen Bewegung war, als im Mai 1848 die Nationalversammlung in Frankfurt eröffnet wurde, in der sich die Gemäßigten und die Radikalen gegenüberstanden. Die 1849 hier verabschiedete Reichsverfassung wurde von Bayern nur teilweise akzeptiert. Doch die radikalen pfälzischen Abgeordneten fordern von Bayern die Zustimmung.

Die Radikalen aber gingen weiter. Sie formulierten ihre Forderung wie folgt: Verweigerung der Staatssteuern, Rückberufung der in Bayern dienenden pfälzischen Soldaten, Volksbewaffnung und Beschlagnahmung der Staatskassen. Damit war der Weg zur Revolution eingeschlagen. Überall bildeten sich Gruppen von Freischärlern, ein Gemisch von politischen Idealisten und Hasardeuren. Bunt gekleidet, primitiv bewaffnet, übten sie Terror auf die Bevölkerung aus und schröpften Vermögende und Kaufleute.

Die Preußen, von Bayern zu Hilfe gerufen, räumten schnell auf und besetzten am 13. Juni 1849 auch Homburg und Kirrberg. die bayerische Regierung konnte die Herrschaft über die Rheinpfalz wieder festigen.

Das statische Landesamt München gibt für das Jahr 1855 für Kirrberg 600 Einwohner an. Die Dorfstraßen waren zu dieser Zeit sehr einfach angelegt und unterschieden sich kaum von holprigen Feldwegen. sogar das seichte Bett des Lambsbaches diente teilweise als Verkehrsweg. Die Fuhrwerke der Bauern nahmen ihren Weg durch das Bachbett. Fußgänger überquerten den Bach am heutigen Marktplatz auf einem schmalen Steg und gingen auf engem Pfad den Bach entlang. Brücken gab es damals noch nicht.

Im Jahre 1840 wird als erster Ortsstraße die heutige Eckstraße bis zum Bach gebaut, der erstmals mit gemauerten Steinen überbrückt wird. Später wurde die Straße weiter gebaut bis an die Felsen, die harten Sandsteinblöcke boten, und beim Straßen und Brückenbau Verwendung fanden.

Die Bauart der Häuser war geprägt von den Berufständen. Kirrberg hatte kein einheitliches Gepräge. Bauern- und Tagelönerhäuschen standen wahllos nebeneinander. Die Häuser waren meist einstöckig, manche waren auch mit Dachgauben versehen. Erst später ging man auch zu zweigeschoßigen Häusern über.

Der Kochherd war in der Mitte des Hauses. Um ihn rankten sich Freud und Leid. Am offenen Kamin und Feuer entstanden Geschichten und Sagen. Hier wurden im Familienkreis und mit Nachbarn die großen und kleinen Geschehnisse von Generation zu Generation weitererzählt, insbesondere in den Wintertagen beim Spinnen und Stricken. Es war aber auch die Zeit größten sozialen Notstandes. Äcker, Wiesen, Fluren, Waldstücke wechselten ihre Besitzer. Arme wurden immer ärmer, Besitzende, Vermögende immer reicher und mehrten ihre Liegenschaften. Es gab früher und auch später nie einen so umfassenden Besitzwechsel. "Für ´ne Flasche Schnaps wurde mancher Acker verscherbelt" war eine überkommene Aussage.

Die Pfarrei war nur kurze Zeit besetzt: Pfr. Frohn um 1804 und Pfarrer Gapp von 1816 - 1821. In der Übrigen Zeit wurde Kirrberg von St. Michael aus mitbetreut. Die Kirchenfarbrik stellte dann das unbesetzte Pfarrhaus der politischen Gemeinde kostenlos als Schulhaus zur Verfügung. Der Revers vom 9. Dez. 1849 besagt. Das Pfarrhaus ist wieder zu räumen, sobald die Pfarrei mit einem Pfarrer besetzt wird.

Da aber eine Besetzung nicht erfolgte, wurde das Pfarrhaus zum Preis von 1500 Gulden an die politische Gemeinde als Schulhaus verkauft. Das alte Pfarrhaus umfaßte nur einen Schulsaal, dem später ein zweiter angebaut wurde.

Viel später hat die Gemeinde nach Errichtung des alten Schulhauses am Marktplatz dieses ehemalige Pfarrhaus 1885 veräußert. Das Gebäude mit Garten ging zum Preis von 2400 Mark in den Besitz des Ackerers Peter Fiebe über.


Kirrberg impressionen

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© 1997 WST

Quelle "Festschrift zur 700 Jahrfeier Kirrberg" mit freundlicher Genehmigung von Autor Pfarrer Alfons Gebhart

Bearbeitung der Seite: Wolfgang Stärkle