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Französische Revolution und Napoleon

Der Absolutismus löst in Frankreich große Unruhe aus. Während Adel und Kirche von Steuern befreit waren, drückte der Sonnenkönig die Steuerlast der Bürger immer mehr. Der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurde immer lauter. Der 3. Stand forderte eine neue Verfassung. Am 14. Juli 1789 wurde die Bastille, das Pariser Gefängnis, erstürmt. Die Bewegung erfaßte ganz Frankreich. Revolutionäre übernahmen die Macht und errichteten die Schreckensherrschaft der Jakobiner. Wer nicht den Eid auf die Zivilkonstitution leistete, und wer nicht rechtzeitig emigrieren konnte wurde hingerichtet.

Die Sturmflut der Revolution brannte auch in unserer Gegend. Im Jahre 1793 besetzten französische Revolutionstruppen Zweibrücken und Homburg. Preußische Truppen hatten ihnen gegenüber auf den Höhen, gegenüber Blies und Bruch, Befestigungsstellungen gebaut. So erinnern die "Schanz" und "Gabion" noch daran.

Die Preußen drängten die Franzosen bis nach Bitsch zurück. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm der II. kam nach Homburg und ritt von da mit seinem Stab durch Kirrberg und Zweibrücken. ein historisches Datum, da ein deutscher Kaiser in Kirrberg war.

Über 20 Jahre, von 1793 - 1814 standen Saar und Pfalz unter französischem Einfluß. Die französischen Revolutionsgsetze, Verankerung der Menschen- und Bürgerrechte wurden hier eingeführt. Auch die Kirrberger erlebten die Befreiung aus der Leibeigenschaft und die Aufhebung des Zehnten mit großem Aufatmen. Die Vormundschaft der Fürsten verschwand. Schwurgerichtsbarkeit und Gewerbefreiheit wurden eingeführt. Später fand das umfassende Gesetzeswerk Napoleons, der Code Civil, Anwendung. Doch all diese bedeutsamen Neuerungen waren überschattet von Begleiterscheinungen, die dann keine rechte Begeisterung mehr aufkommen ließen.

Nach der Kriegserklärung Frankreichs an Österreich marschierten preußische und österreichische Truppen in Frankreich ein, mußten sich aber nach der Kanonade von Valmy (20.9.17929 wieder zurückziehen. Aufmarsch- und Durchmarschgebiet war beide Male unsere nähere Heimat.

Französische Revolutionstruppen unter General Custine rückten nach und besetzten das linke Rheinufer. Die alten Landesherren flohen über den Rhein. Wieder wurde unsere Heimat Kriegsschauplatz. Auch Herzog Karl August, rechtzeitig gewarnt floh aus der Heimat.

Zahlreiche Einquartierungen, Unterhalt der Truppen, Versorgung der Pferde, ständige Forderungen nach Hand- und Fuhrfrohnden brachten auch den Kirrbergern eine starke Bedrückung. Die Truppen führten weder Fourage noch Lebensmittel mit sich und forderten alles, wo sie sich gerade einquartierten.

Im November 1793 wurden die Franzosen bei Mohrlautern von den Preußen geschlagen. Wiederum waren unsere Vorfahren die Leidtragenden. Die Franzosen zogen sich durch unsere Gegend zurück, um bald wieder verstärkt zurückzukommen.

der Pariser Wohlfahrtsausschuß ordnete nun an, "die Pfalz auszukehren". Die "Commission de Grippe" (Ausleerungskommission) führte diese Aktion gründlich aus. Im März 1794 wurde befohlen: jedes Dorf muß soviel Brot, soviel Heu usw. abgeben. die Franzosen nahmen alles weg, was ihnen in die Hände fiel. Nur schwer konnten sich die Kirrberger von der Plünderung der Ausleerungs-Kommission und den harten Kriegskotributionen erholen. Es war kein Vieh mehr im Stall. Die Feldarbeiten mußten ohne Zugvieh geschehen. Wagen und Pflug mußten von Menschen gezogen werden.

Das linke Rheinufer stand endgültig unter französischer Verwaltung. Besitz von Adel, Fürsten und Kirche wurde Staatsgut. Bisherige Territorien und Verwaltungsbezirke wurde aufgehoben. Regirungskommissar Rudler führt 1798 ein neues Verwaltungssystem ein, das dann unter Napoleon nochmals im Jahre 1800 geändert wird.

Das linksreihnische Gebiet wird in 4 Departements eingeteilt, für uns war es das Departement Tonnerre (=Donnersberg). Unterteilt wurden diese in Unterprefekturen = Arrondissements, die wiederum in Kantone. jeder Kanton bestand aus mehreren Mairien, an der Spitze stand der Maire.

Unter der französischen Verwaltung wurde auch das Zivilstands- Register eingeführt. Die Zivilehe wurde der kirchlichen Ehe vorgezogen. Die Bevölkerung mußte jede Veränderung im Personalstand der Mairie anzeigen. Bisher waren Geburten, Eheschließungen und Todesfälle lediglich beim Pfarramt gemeldet und registriert worden.

Der Revolutionskalender, der in Frankreich am 22. Juni 1792 begann, wurde nun 1798 auch bei uns eingeführt und brachte die Kirrberger in große Verwirrung. Das 1. Jahr begann am 22. Sept. 1792. Dies war der Gründungstag der französischen Republik. Das Jahr dauerte bis zum 18. Sept. 1793. Es folgten 5 Ergänzungstage, im Schaltjahr 6 Tage.

Als Monatsnamen wurden verwendet: Vendemiaire, Brumaire, Frimaire, Nivose, Pluviose, Ventose, Germinal, Floreal, Prairial, Messidor, Thermidor, Fructidor. Diese Monatsnamen hatten alle einen jahreszeitlichen Bezug wie z.B.: Wein-, Nebel-, Schneemonat. Unser ältestes Kirrberger Taufbuch beginnt mit der Eintragung: Im 11 Jahr der französischen Republik am 5. Fructidor, das ist der 23. August, wurde Maria Neumann geboren und am folgenden Tag getauft. Die erste Eheschließung fand am 16. Thermidor (=4. August) Statt im 11. Jahr der französischen Republik, unter der Regierung des 1. Consul Napoleon Bonaparte: Johann Roesner und Maria Elisabeth Kleis. Es war für die Kirrberger schon eine Zumutung, mit all den neuen Bezeichnungen zurechtzukommen.

Die Franzosen hoben zwar den Zehnten auf, aber viele andere Abgaben wurden eingeführt (das Spiel ist oft das gleiche, wenn man in heutigen Zeiten von Steuerumverteilung Spricht). Damals wurde vorgeschrieben: Grundsteuer, Personal-, Mobiliar-, Patent-, Fenster- und Türsteuer. Der Percepteur (= Einnehmer) hatte alle Hände voll zu tun. Ein Edikt wurde herausgegeben und an die Bewohner der eroberten Länder zwischen Rhein und Mosel publiziert mit dem Inhalt: Alle Fürsten, Klöster, Pfarrern ist es verboten, den zehnten zu erheben. allein die von uns bestellte Municipialität wird die Früchte einbringen, dreschen lassen und ihren Anteil erheben, den Zehnten an Korn am 10. Thermidor (=28. Juli), den Anteil an Weizen, Spelz und Gerste am 1. Fructidor (=18. August). Der Anteil an Hafer wird am 20. Fructidor (1. September) erhoben. Das Einzugsverfahren brachte keine Erleichterung. nur die Herren hatten gewechselt. Im Departement Donnersberg wurden 1798 alle katholischen Kirchengüter vom Staat eingezogen und der Domänenverwaltung zugewiesen. 1805 wurde unter Napoleon die beschlagnahmten Pfarrgüter zum Teil wieder zurückgegeben.

Durch den Staatsstreich vom 18. Brumiaire (9. Nov.) 1799 nahm die Schreckensherrschaft der Jakobiner durch die Machtergreifung Napoleon ein Ende. er stellte wieder geordnete kirchliche Verhältnisse her, wohl aber, um die Kirche für seine Pläne einzuspannen. Die Religion gibt dem Staat eine feste Stütze, so argumentiert er.

Auch Kirrberg wurde jetzt eine selbständige Pfarrei. Am 7. Aug. hat vor den Pfarrern des Zweibrücker Commissariats in der Kirrberger Kirche Fraternus Frohn Bonnensis sein Amt übernommen. Er gehörte zum Franziskanerkloster in Homburg, das inzwischen aufgelöst war. In früheren Jahren stand er im Dienst des Herzogs von Zweibrücken, bei dem er Actuarius Bipontinus war. In den letzten Jahren des Bestehens war er Quardian im Franziskanerkloster.

1801 wurde das gesamte linke Rheinufer im Frieden zu Luneville an Frankreich abgegeben. Deutsche Fürsten wurden für ihre linksrheinischen Verluste entschädigt durch konfiszierte Kirchengüter. Die Säkularisation 1803 wurde so zu einem Raubzug der Fürsten an kirchlichem Besitz.

Auch die napoleonische Ära brachte viel Not und Ausbeutung über unsere Heimat. großen Unmut brachte auch in Kirrberg die Konskription, d. h. die Einziehung tauglicher junger Männer zum Militär. 1805 war der Musterungstermin für die Einstellung zur Nationalgarde. Denn Napoleon brauchte für seine Eroberungskriege Soldaten. Die Capables d. h. die tauglichen wehrpflichtigen wurden erfaßt. Verheiratete wurden nicht eingezogen. Darum ist eine deutliche Zunahme von Eheschließungen festzustellen. Junge Kirrberger mußten zur militärischen Musterung nach Mainz.

Wilhelm Zott brachte seine beiden Söhne Anton und Heinrich mit dem Pferdefuhrwerk zur Musterung nach Mainz. Anton ,der ältere, wurde eingezogen. Der Jüngere durfte mit dem Vater wieder nach Hause fahren.

Es war auch möglich, einen Ersatzmann (Supplement) zu stellen, und zwar mußten in diesem Fall ein Einstandskapital gezahlt werden.

Wo überall die capables, die napoleonischen Soldaten aus unserer Heimat kämpften, an welchen Kriegszügen und Schlachten sie teilnahmen, wissen wir im einzelnen nicht. Für Kirrberg ist verzeichnet: Kirrberg arrondissement Zweibrücken, canton Homburg, früher Herrschaft Zweibrücken, zählt 208 katholische Männer, 193 katholische Frauen, 6 Lutheraner, insgesamt 407 Einwohner.

1812 erlebte Napoleon mit seiner großen Armee in Rußland eine vernichtende Niederlage. Der Kirrberger Anton Zott machte diesen verhängnisvollen Winterfeldzug mit. Zunächst kamen noch Lebenszeichen von ihm, dann aber blieben wie bei vielen anderen in der Eiswüste des Osten weitere Nachricht aus. Während Dejon Heinrich und Müller Heinrich von dort zurückkehren konnten, blieb auch ein gewisser Boßlet verschollen.

Der Rückzug der geschlagenen Armee Napoleons aus Rußland brachte auch unserem Dorf erhebliche Einquatierungslasten, wie auch die nachrückenden Freiheitsheere der Preußen, Russen und Österreicher sich nicht gerade zimperlich benahmen. Sie verdrängten die Menschen aus ihren Häusern und zwangen sie, beim Vieh im Stall zu nächtigen.

Die Herrschaft Napoleons brach zusammen. Die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 besiegelte sein Schicksal, und Deutschland wurde bis zum Rhein befreit von der franz. Herrschaft. Ein Teil der nachrückenden Soldaten, die im Winter 1813/14 durch unsere Heimat zogen, litten an Spitaltypuhs und steckten die Zivilbevölkerung an. Die Todesfälle durch das Nervenfieber (Typhus) nahmen zu.

Es gab nun wieder zahlreiche Einquartierungen durch Russen und Preußen. Diese zogen im Frühjahr 1814 nach Frankreich, um den Feind schließlich am 3. März 1814 vor Paris endgültig zu bezwingen.

Zur Erinnerung an den großen Sieg über Napoleon wurde auf der Zweibrücker Höhe eine Linde gepflanzt. Es wurde gefeiert, und ausgiebig beteiligten sich auch die Kirrberger an diesem Spektabel, das ein großes Feuerwerk beschloß.


Kirrberg impressionen

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© 1997 WST

Quelle "Festschrift zur 700 Jahrfeier Kirrberg" mit freundlicher Genehmigung von Autor Pfarrer Alfons Gebhart

Bearbeitung der Seite: Wolfgang Stärkle